Wenn Lärm krank macht: Die unterschätzte Belastung für Lehrkräfte und Schüler im Schulalltag
Schulen sollten Orte sein, an denen Kinder und Lehrkräfte gleichermaßen konzentriert und gesund arbeiten können. Doch in vielen Fällen verhindern schlechte bauliche Bedingungen wie unzureichende Akustik eine positive Lern- und Arbeitskultur. Studien zeigen, dass Lärm die Konzentration erheblich stört, Stress verursacht und langfristig krank machen kann – sowohl bei Kindern als auch bei Lehrkräften.
Besonders alarmierend: Nur 7 Prozent der Schulgebäude in Deutschland erfüllen die gesetzlichen Anforderungen an die Akustik. Kinder mit Hörbeeinträchtigungen, Lernschwierigkeiten oder nicht-deutscher Muttersprache sind dabei besonders betroffen, da sie auf eine klare akustische Umgebung angewiesen sind, um dem Unterricht folgen zu können. Doch auch für Lehrkräfte stellt Lärm eine erhebliche Belastung dar, die sich oft in gesundheitlichen Problemen äußert und die Motivation und Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt.
Angeregt hat dieses Thema Peter Hammelbacher, Fachreferent für Lärm und Akustik, der uns dazu diesen Blogbeitrag geschickt hat, den wir hier veröffentlichen:
Wäre ein Schulgebäude ein Auto, wäre das Geschrei groß. 93 Prozent aller Schulgebäude würden durch den TÜV fallen. Autofahrer bekommen ohne Reparatur keine TÜV-Plakette, Schulen tun so als wäre nichts.
Der Akustiker Carsten Ruhe hat bei einem Vortrag für die Deutsche Gesellschaft für Akustik ausgeführt, dass von den 2130 Messwerten zur Akustik in bundesdeutschen Schulen, gerade einmal 7 Prozent die gesetzlichen Vorgaben einhalten. Im Bundesland Bayern sind die Ergebnisse im Schnitt in etwa so wie in allen alten Bundesländern. Das bayerische Behinderten Gleichstellungsgesetz und mehrere Arbeitschutzvorschriften verlangen die Einhaltung bestimmter akustischer Mindeststandards, die eben in den meisten Fällen nicht eingehalten werden.
Aber was juckt´s die bayerische Schulaufsicht. Nach Artikel 11 Abs. (1) Nr. 4 obliegt den staatlichen Schulämtern „die Aufsicht über die inneren und äußeren Schulverhältnisse…“, nur werden die äußeren Schulverhältnisse, also das Gebäude, nicht geprüft.
Was soll´s könnte man denken, aber der BLLV hat gerade wieder festgestellt, dass
82 Prozent der Lehrkräfte frühzeitig in den Vorruhestand gehen und somit den andauernden Lehrkräftemangel weiter verschärfen. Die Unfallkasse Hessen hat in einer Untersuchung bei 204 Lehrkräften festgestellt, dass bei den Belastungsfaktoren der Lärm die Spitzenposition einnimmt .
Schlechte Akustik führt zu Lärm und Lärm macht krank.
Bei Lehrkräften ist das erwiesen. Bei Schülern gibt es keine Untersuchungen. Es gibt aber Untersuchungen die zeigen, dass Lärm den Lernerfolg stark beeinträchtigt und zwar besonders bei Kindern und Jugendlichen mit Hör- oder Lernbeeinträchtigungen. Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache haben im übrigen die gleichen akustischen Bedürfnisse nach einer vorschriftsgemäßen Akustik wie Kinder mit Hörbeeinträchtigungen.
Die Lehr- und Lernbedingungen könnten so viel besser sein, würde sich die staatliche Schulaufsicht einmal ihrer gesetzlichen Pflicht bewusst werden.
„Eine Schule für alle“ hat für mich eine noch viel weiterreichende Bedeutung.
Dipl.-Ing.(FH) Peter Hammelbacher
Fachreferent für Lärm und Akustik
Er berät seit 20 Jahren Kindergärten und Schulen ehrenamtlich in Fragen der Akustik.